Inklusion beginnt im Kopf – und braucht Übung
- Christina Holmes
- vor 12 Minuten
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Seit meiner Schulzeit beobachte ich, wie Menschen sich ehrlich bemühen, niemanden auszuschließen – und trotzdem passiert es immer wieder. Besonders, wenn es um Menschen mit Behinderungen geht.
Niemand meint es böse. Aber oft fehlt das Wissen oder die Übung. Und so wird Inklusion im Alltag eher zur Ausnahme als zur Selbstverständlichkeit.
Für mich ist das schwer nachzuvollziehen. Ich denke schon immer automatisch mit. Wenn ich Gäste einlade, stelle ich für alle einen Stuhl bereit – auch wenn ich als Rollstuhlfahrerin keinen brauche. Das ist für mich ganz logisch. Warum ist es umgekehrt oft so kompliziert?
Hat unser Gehirn nicht Platz für mehr Vielfalt?
Doch, das hat es. Aber viele dieser Denkwege wurden einfach nie trainiert. Wer ehrlich sagt: „Ich weiß nicht, was du brauchst“ – der hat schon den wichtigsten Schritt gemacht. Denn so entsteht Raum zum Dazulernen. Und das kann unser Gehirn richtig gut.
Was dabei hilft? Nicht nur drüber lesen oder reden – sondern es tun. Erfahrungen machen. Zuhören. Neugierig sein.
Was mich dabei immer wieder wundert: Menschen ohne Behinderung könnten ganz einfach fragen, ob sie etwas beitragen können. Oder ob alles passt. Aber oft trauen sie sich nicht. Stattdessen wird erwartet, dass wir – die Menschen mit Behinderung – alles selbst ansprechen.
Wir sollen dann sagen: „Wo ist der barrierefreie Eingang?“ oder noch absurder: „Sie wirken gerade überfordert mit meiner Behinderung – wie kann ich helfen?“
Mal ehrlich: So würde niemand in einer anderen Situation reagieren. Wenn jemand zu Besuch kommt, fragt er auch nicht: „Ist mein Dasein für Sie okay?“ – und trotzdem passiert genau das bei uns.
Diese Rollenumkehr ist nicht fair. Und sie zeigt ein Problem, das tiefer liegt: Die Verantwortung für Inklusion wird oft den Menschen überlassen, die ohnehin schon genug Barrieren erleben.
Dabei wäre es eigentlich ganz einfach: Fragen stellen. Zuhören. Nicht werten. Und den eigenen Blick immer wieder erweitern.
Inklusion ist nichts, was man irgendwann „abhaken“ kann. Es ist ein Lernprozess – wie so vieles im Leben.
Und wie in anderen Bereichen auch, braucht es Menschen mit Erfahrung. Die einen haben das Fachwissen. Die anderen wissen, wie sich Barrieren im echten Leben anfühlen. Beides ist wertvoll. Aber erst zusammen ergibt es ein rundes Bild.
Ich vergleiche das gerne mit einem Waschbecken: Man kann es kaufen, man kann es kennen – aber richtig montieren können es nur Menschen, die es schon mal gemacht haben. Sonst wackelt’s. Oder es tropft.
Inklusion ist machbar. Nicht immer einfach, häufig braucht es ein Abweichen von alten Gewohnheiten – aber sie ist möglich! Sie beginnt nicht mit Gesetzen oder Projekten. Sie beginnt im Kopf. Und im Herzen.
Herzlich,
Christina Holmes
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